Chefvolkswirt der Postbank Marco Bargel an der KHS

 

 

von li.: Marco Bargel und Schulleiter Frank Liebetanz

 

Zum Bericht im Schwarzwälder Boten

 

Marco Bargel, Chefinvestmentstratege der Postbank besuchte das Berufskolleg Wirtschaft auf Einladung der Lehrkräfte Ulla Pluskat, Mark Bratl und Schulleiter Frank Liebetanz um mit ihnen über die Rolle der Europäischen Zentralbank (EZB) zu sprechen

Die EZB hat nach Bargel in den vergangenen Jahren Maßnahmen verabschiedet, die weit über das normale Maß hinausgehen. Hierzu zählt er neben einem negativen Leitzins vor allem auch der Ankauf von Anleihen durch die Notenbank. Die unkonventionellen geldpolitischen Maßnahmen sollen zum einen den Bankensektor stabilisieren und zum anderen einen Zahlungsausfall einzelner Staaten, wie er am Höhepunkt der Staatschuldenkrise im Jahr 2012 drohte, verhindern. Die EZB begründet ihre extreme Geldpolitik aber auch mit der anhaltend niedrigen Inflation im Euroraum, die ihrer Ansicht nach in eine Deflation münden könnte. Ein solcher breiter und nachhaltiger Rückgang der Verbraucherpreise hätte negative Auswirkungen für Wachstum und Beschäftigung und sollte aus Sicht der Währungshüter mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln bekämpft werden. Die Sorge der EZB vor einer möglichen Deflation im Euroraum hält Herr Bargel allerdings für übertrieben. Der Rückgang der Inflation in den vergangenen Jahren ist fast ausschließlich auf sinkende Energiepreise infolge des Ölpreisverfalls zurückzuführen. Anders als bei einer echten Deflation hilft die niedrige Inflation aktuell der Konjunktur, da sie die Kaufkraft der Haushalte stärkt und eine Ausweitung des privaten Konsums ermöglicht. Kritisch beurteilt er die Geldpolitik der EZB im Hinblick auf ihre unerwünschten Nebenwirkungen. Negative Zinsen können dazu führen, dass Unternehmen und Privathaushalte vermehrt Bargeld halten und ihr Geld nicht mehr auf einem Bankkonto anlegen. Außerdem müssen Sparer mehr Geld zurücklegen, um ihre Sparziele, bspw. mit Blick auf die Altersvorsorge überhaupt noch zu erreichen. Dies hat negative Auswirkungen auf die Konjunktur, da weniger konsumiert wird und das Wachstum somit geringer ausfällt. Zudem steigt mit zunehmender Dauer der Niedrigzinspolitik das Risiko von Verschuldungs- und Vermögenspreisblasen. Die Staatsverschuldung in vielen Ländern der Eurozone ist bereits heute viel zu hoch. Niedrige Zinsen senken den Anreiz zu sparen und können auf lange Sicht zu einer Überschuldung führen. Mit dem Rat an die EZB vor diesem Hintergrund extreme geldpolitische Instrumente wie Negativzinsen und Anleihekäufe – wenn überhaupt - auch nur in Zeiten einer echten Deflation zu nutzen, beendete Marco Bargel seinen äußerst interessanten Vortrag. (Die EZB geht mit den beschlossenen Maßnahmen weit über ihr eigentliches Mandat, die Wahrung der Preisstabilität, hinaus. Sie gefährdet so auf lange Sicht nach Bargel ihre Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit.)

Im Anschluss an seinen Vortrag beantwortete Marco Bargel den begeisterten Schülerinnen und Schüler noch zahlreiche Fragen.