Wenn viele Schul-Wege zum Ziel führen

Donaueschingen -  Wirtschaftsgymnasium ist stark nachgefragt. Trotz Run im Sommer wird Angebot nicht ausgebaut. Rektor: Kapazitäten im Landkreis ausreichend.
 
Nachfrage größer als Angebot: Für das Wirtschaftsgymnasium an den Kaufmännischen und Hauswirtschaftlichen Schulen in Donaueschingen lagen zum Schuljahresbeginn deutlich mehr Anmeldungen als Plätze vor. Kreisweit betrachtet sieht die Sache aber entspannter aus. Hier gibt es genügend Plätze. Im Bild der ausgebuchte Profil-Zug Internationale Wirtschaft mit bilingualem Unterricht mit den Lehrern (hinten rechts): Andreas Goldschmidt (WG-Abteilungsleiter), Frank Liebetanz (Schulleiter KHS) und Stefan Bader (Klassenlehrer WG 11/3).  Bild: KHS
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Eltern von schulpflichtigen Kindern wissen, wie stark Schulen das Familienleben beeinflussen können. Auch aus diesem Grund reagieren sie selbst auf kleinere Veränderungen oft sehr sensibel. Um eine solche Erfahrung reicher sind auch die Kaufmännischen und Hauswirtschaftlichen Schulen, nachdem sich im Sommer deutlich mehr Schüler um eine Aufnahme am hier beheimateten Wirtschaftsgymnasium beworben hatten als die Schule zu bieten hat und von den Eltern eine nochmalige Erweiterung der Aufnahmekapazitäten gefordert worden war. Doch die konnte die Schule nicht bieten.

Drei Schulen bieten in Donaueschingen die Möglichkeit zum Erwerb des Abiturs: das Fürstenberg-Gymnasium, das Wirtschaftsgymnasium (WG) an den Kaufmännischen und Hauswirtschaftlichen Schulen sowie das neue Technische Gymnasium (TG) an den Gewerblichen Schulen.

Schüler der Realschulen und Werkrealschulen, die nach Erreichen des mittleren Bildungsabschlusses über ein berufliches Gymnasium das Abitur erreichen wollen, müssen zwei Hürden überwinden: in den Hauptfächern einen bestimmten Notendurchschnitt erreichen und, wenn sich an der ausgewählten Schule mehr Schüler angemeldet haben als Unterrichtskapazitäten vorhanden sind, müssen sie ihre Konkurrenten um die freien Plätze mit einer besseren Leistungsziffer ausstechen.

Gerade diese letzte Hürde vermittelt den negativ Betroffenen das Gefühl von Kapazitätsengpässen und befördert nicht selten den Wunsch und die Forderung nach Abhilfe. Im Schuljahr 2010/2011 wurde der hohen Bewerberzahl für das WG mit der Einrichtung einer so genannten Poolklasse begegnet. Diese relativ kurzfristig einsetzbaren zusätzlichen Klassen stehen nicht mehr zur Verfügung, da ein flächendeckender Ausbau der beruflichen Gymnasien inzwischen erfolgt ist. Diese Klasse ist mit der Einrichtung des Technischen Gymnasiums an den Gewerblichen Schulen in Donaueschingen geblieben. Neue Klassen wird es daher voraussichtlich nicht mehr geben. Für den Schulleiter Oberstudiendirektor Frank Liebetanz entfällt auch vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung die Notwendigkeit dafür. Er weist darauf hin, dass es an den beruflichen Gymnasien im Schwarzwald-Baar-Kreis aktuell ausreichend Plätze für jeden zugangsberechtigten Schüler mit mittlerem Bildungsabschluss gebe. Auch ein Rechtsanspruch auf einen Platz an einem beruflichen Gymnasium würde daran vor Ort nichts ändern, da sich dieser Anspruch nicht auch auf einen Platz an einer ganz bestimmten Schule oder in einem ganz bestimmten Profil erstrecken werde.

Auch in der Donaueschinger Realschule sehen Rektor Gerhard Lauffer und Konrektorin Silke Keller Probleme beim Übergang von der Realschule zum beruflichen Gymnasium nicht in fehlenden Unterrichtskapazitäten, sondern in den Lehrplänen der Realschule, die insbesondere im Fächerverbund Naturwissenschaftliches Arbeiten (NWA = Biologie, Physik und Chemie) noch nicht im notwendigen Umfang den Erfordernissen der beruflichen Gymnasien Rechnung tragen.

Träger des Donaueschinger Wirtschaftsgymnasiums ist der Landkreis. Es verwundert deshalb nicht, dass Frank Liebetanz bei seiner Betrachtung und Bewertung der Schullandschaft im Schwarzwald-Baar-Kreis über die Donaueschinger Kirchturmspitzen hinausschaut. Die allgemeine Hochschulreife kann nicht nur am WG oder TG in Donaueschingen, sondern auch an den beruflichen Gymnasien in Villingen-Schwenningen, Furtwangen und Königsfeld erworben werden, so Frank Liebetanz. Der Wunsch nach einer möglichst nahen Unterrichtsversorgung ist aus seiner Sicht verständlich und nachvollziehbar, genauso wichtig ist aber, dass mit den unterschiedlichen Profilen der einzelnen Schulstandorte im Schwarzwald-Baar-Kreis ein breiteres und bedarfsgerechteres Bildungsangebot vorgehalten werden kann. Das hiesige WG hat zwei Profile im Angebot: WG W (Wirtschaft) und WG I (Internationale Wirtschaft). Der frisch gestartete Profil-Zug Internationale Wirtschaft mit bilingualem Unterricht ist mit 30 Schülern, darunter auch einer Austauschschülerin aus Thailand, stark nachgefragt und im laufenden Schuljahr auch ausgebucht.

Der Weg zum WG

Die Zugangsvoraussetzungen für den Besuch eines beruflichen Gymnasiums sind in Baden-Württemberg einheitlich geregelt: Mittlerer Bildungsabschluss (Realschule, Werkrealschule, Berufsfachschule oder zukünftig auch Gemeinschaftsschule), Notendurchschnitt von mindestens 3,0 in den Fächern Deutsch, Englisch und Mathematik und in keinem dieser Fächer schlechter als die Note „ausreichend“, oder Versetzungszeugnis in die Klasse 10 oder in die Jahrgangsstufe 11 eines allgemein bildenden Gymnasiums. An allen beruflichen Gymnasien ist der Anteil der Schüler aus allgemein bildenden Gymnasien auf 15 Prozent der Plätze beschränkt. (zim)